03. Februar >> 06. April 2023
Ich sehe den Menschen, ich höre ihn nicht.
Volkmar Jaeger
Fotografie
Ausstellungseröffnung am Freitag, den 3. Februar 2023, 19.30 Uhr.
Volkmar Jaeger (* 02.02.1928 in Leipzig, † 09.02.2019 in Leipzig) ging bei der Dresdner Fotografin Ilse Oehmichen in die Fotografen-Lehre und legte 1952 seine Meisterprüfung bei Franz Fiedler in Dresden ab, bevor er sich 1953 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig in die Fotoklasse einschrieb. Dort gehörte er fest zur Leipziger „gruppe“ um Arno Fischer, Ursula Arnold, Rosemarie Eichhorn, Evelyn Richter und Jürgen Vorberg sowie kurzzeitig zur Gruppe „action fotografie“ und wird somit zur sog. Leipziger Schule der frühen DDR-Fotografie gezählt.
Selbst durch eine Krankheit im zweiten Lebensjahr mit völliger Taubheit geschlagen, ist Volkmar Jaeger sehr eng mit der Entwicklung der Gehörlosen-Kultur in der DDR und später auch in der gesamten Bundesrepublik verbunden. Sein engagiertes Kämpfen um die gesellschaftliche Anerkennung dieser Behinderung prägte sein Lebenswerk – eben auch seine Fotografie, von der er bis kurz vor seinem Tod zur Freude aller nicht lassen konnte. Bereits früh, 1957, gründete Volkmar Jaeger den ersten, und noch immer bestehenden Foto- und Filmclub für Gehörlose in Leipzig, den Deaf Medien Vereins „1957“ e.V. Lange Jahre wirkte Volkmar Jaeger noch als Ehrenvorsitzender im Stadtverband der Hörgeschädigten Leipzig e.V.
Seine beeindruckenden Zeitzeugnisse vom Nachkriegsdeutschland bestechen vor allem durch sein unerbittliches Festhalten der Situation, im Allgemeinen aber durch seinem Bezug auf das einzelne Individuum. Volkmar Jaeger bereiste zwischen 1953 und 1961 mehrfach deutsche Städte und Regionen, wie z.B. Berlin, Hamburg, das Ruhrgebiet oder den Harz. Eine Reise nach Bulgarien 1960 dokumentierte er auf die ihm so unverwechselbare Weise des Eintauchens in die Szenerie.
Volkmar Jaeger verstand sich bei seiner „Suche nach dem Menschen“ als Chronist und spürte die verborgenen Momente auf, weil er „um die Ecke fotografierte“, wie er selbst von sich sagte. Es ist daher ein großer Zugewinn, wenn diese weitere Fassette der frühen DDR-Fotografie mit dem Versuch, durch sozialen Realismus geprägtes Fotografieverständnis, den deutschen Alltag nach dem zweiten Weltkrieg einzufangen – wie es die Arbeiten von Volkmar Jaeger eindringlich verdeutlichen –bekannt wird. Somit wird gleichsam eine Lücke in der Geschichte der DDR-Fotografie geschlossen und die Gesellschaftsrelevanz der kulturellen Belange von Fotografie verdeutlicht.
Alexander Atanassow / Kurator
Dauer: bis 6. April 2023
